Geschätzte Lesedauer 5 Minuten
Symbole im Coaching – wenn das Unsichtbare sichtbar wird
Symbole sind mehr als Zeichen. Sie verdichten Erfahrungen, Emotionen und Lebensbewegungen. Im Coaching öffnen sie Türen zum Unbewussten und zeigen, welche Kräfte im eigenen Leben gerade wirksam sind.

Was sind Symbole eigentlich?
Ein verlorener Schlüssel.
Ein Traum vom Meer.
Ein Baum, der gefällt werden muss.
Solche Bilder sind keine Zufälle. Sie berühren, weil sie etwas in uns anstoßen, das tiefer liegt als Worte. Das griechische Wort symballein bedeutet „zusammenfügen“ – ursprünglich zwei Hälften einer zerbrochenen Münze, die Freunde aneinanderlegten, um sich zu erkennen. Auch heute erfüllen Symbole diesen Zweck: Sie verbinden Innen und Außen, Bewusstes und Unbewusstes. Ein Symbol ist ein sichtbares Zeichen für eine unsichtbare Wirklichkeit. Im Unterschied zu einem klar definierten Zeichen – etwa einem Verkehrsschild oder einem Logo – ist ein Symbol mehrdeutig. Es hat Schichten, Tiefen, Resonanzen. Und gerade diese Mehrdeutigkeit ist seine Stärke: Sie öffnet den Raum für Sinn, nicht für Eindeutigkeit.
Wenn Bilder sprechen – wie Symbole im Coaching wirken
In Coachingprozessen tauchen Symbole oft ganz natürlich auf: in Sprache, Gestik, Träumen oder spontanen Bildern. Ein Coachee beschreibt etwa, er fühle sich „wie auf dünnem Eis“. Dieses Symbol fasst sein Erleben zusammen – die Unsicherheit, das Gleichgewicht, die Angst einzubrechen. Im Gespräch kann daraus ein Thema entstehen: Was würde Halt geben? Welche Sicherheit braucht es? Ein anderer Coachee erzählt von einem Traum, in dem er vor einer verschlossenen Tür steht. Dieses Bild kann auf ein Thema hinweisen, das Zugang sucht: vielleicht ein neuer Lebensabschnitt, vielleicht ein verschlossener Anteil der eigenen Persönlichkeit. Symbole machen sichtbar, was sich innerlich zeigt, bevor Worte dafür gefunden sind. Sie wirken wie Brücken zwischen Emotion und Verstand, zwischen dem, was gespürt, und dem, was noch nicht verstanden wird.
Vom Alltagsbild zur inneren Erkenntnis
Manchmal entstehen Symbole auch direkt im Coachingraum: Ein Stein steht plötzlich für „Standfestigkeit“, eine Muschel für „Rückzug“. In dem Moment, in dem jemand einen Gegenstand auswählt, zeigt sich etwas über den eigenen Zustand. Solche spontanen Symbolisierungen ermöglichen, komplexe Gefühle in ein Bild zu bringen – und damit handhabbar zu machen. Ein Symbol bündelt Energie: Es zeigt, wo etwas stagniert oder sich verwandeln will. Wenn das Symbol betrachtet, beschrieben und in Beziehung zur aktuellen Lebenssituation gesetzt wird, beginnt Bewegung. Das, was unbewusst wirkte, wird greifbar. Aus der stillen Ahnung entsteht Bewusstsein – und aus Bewusstsein kann Veränderung wachsen.
Archetypische Kräfte erkennen
Hinter vielen Symbolen wirken archetypische Kräfte – universelle Muster, die in allen Kulturen vorkommen: Aufbruch, Wandlung, Reife, Neubeginn, Abschied. Ein Bild vom Weg kann etwa den Archetyp des Reisenden zeigen – die Bewegung hin zu etwas Neuem. Ein Feuer kann für Transformation stehen – das Alte wird verbrannt, um Raum für das Neue zu schaffen. Ein Kreis deutet auf Ganzheit hin – den Wunsch nach Integration, nach Verbindung aller Anteile. Wenn Coachees solche Symbole erkennen, entsteht Sinn. Sie sehen nicht nur, was geschieht, sondern wofür es geschieht. Das Symbol wird zum Wegweiser – nicht zur fertigen Antwort, sondern zu einem nächsten Schritt auf der eigenen Entwicklungsreise.
Symbolarbeit in der Coachingpraxis
In der Praxis von COATRAIN® werden Symbole bewusst als Teil eines methodenpluralen Coachingansatzes eingesetzt. Sie dienen dazu, Zugänge zum Unbewussten zu öffnen – dort, wo rationale Reflexion allein nicht weiterführt. Ein Coachee wählt etwa intuitiv aus einer Sammlung von Bildern das Motiv eines Leuchtturms. Erst im Gespräch wird klar, was es auslöst: Orientierung, Standfestigkeit, aber auch Einsamkeit. Im Verlauf des Coachings entwickelt sich daraus die Frage, wie man Halt geben kann, ohne sich selbst zu verlieren. Solche symbolischen Anker helfen, persönliche Themen emotional zu verankern. Sie machen sichtbar, welche Kräfte gerade wirken – und laden dazu ein, diese Kräfte bewusst zu gestalten. Ob mit Symbolkarten, Naturgegenständen, Zeichnungen oder inneren Bildern: Die Arbeit mit Symbolen eröffnet einen Raum, in dem Sinn, Gefühl und Verstand miteinander ins Gespräch kommen.
Symbole als Sprache des Lebens
Symbole verändern sich. Sie haben ihre Zeit, ihre Bedeutung, ihre Wandlung. Doch sie behalten eine Richtung: Sie zeigen, wohin das Leben sich bewegt. Wer Symbole bewusst wahrnimmt, liest die Sprache des Lebens. Und oft ist es gar nicht entscheidend, was ein Symbol bedeutet, sondern was es in uns bewegt.
Tipp:
Symbole im Coaching zeigen, was Worte oft nicht erfassen: Sie verbinden Bewusstes und Unbewusstes, machen innere Kräfte sichtbar und eröffnen neue Wege für Entwicklung – ein Thema im Modul 11/Block 4 „Persönlichkeitstypologien“ der Professional-Coach-Ausbildung.